Im Alltag verstecken wir uns oft hinter eine Fassade. Wir passen uns an das an, was wir glauben, was von uns erwartet wird. Wir pressen uns in ein Korsett aus Annahmen darüber, wie wir vermutlich sein sollten.
Besonders aufgefallen ist es mir in einem Coaching, das ich letzte Woche hatte. Es ging darum, dass die Frau überlegt, im Bereich Personalentwicklung tätig zu werden mit Schwerpunkt Führungskräftetraining und HR-Management Irgendwann im Gespräch kam der Satz „aber in einem rosa Kleidchen werde ich doch in dem Bereich nie erfolgreich. Und ich will mich nicht mehr in ein graues Business-Kostümchen zwängen, nur um erst genommen zu werden.“. Ich konnte den Einwand sehr gut nachvollziehen, denn ich kenne diese Gedanken von mir selbst nur zur genüge. Aber gleichzeitig schrie alles in mir auf und fragte sich, warum denn eigentlich nicht. Oder vielleicht wirst Du gerade DESWEGEN dann besonders erfolgreich. Weil du eben zu Dir stehst. Weil Du authentisch bist und Deine Einzigartigkeit lebst und zeigst.
Dieses „rosa Kleidchen“ beschäftigt mich seither ziemlich. Denn es hat mir bewusst gemacht, wie oft wir uns nicht zeigen. Wie oft man nicht zu sich, seinem Weg, seinen Einstellungen, seinen Gedanken und seinem Leben steht.
Für Singles ist das „sich zeigen“ und zu sich stehen in unserer Gesellschaft noch einmal schwieriger. Denn wir leben immer noch in einer Welt, in der das Idealbild das des Paares oder der Familie ist. Von Klein auf lernen wir in Disneyfilmen, dass die Prinzessin am Ende glücklich in die Arme ihres Prinzen sinkt.
Mein Eindruck ist, dass Frauen als Singles es da noch einmal etwas schwerer haben als Männer. Das Bild des „lonley wolves“ oder Junggesellen ist gesellschaftlich besser verankert als das der selbstbewussten und glücklichen Singlefrau. Wir bekommen dann den mitleidigen Blick von der Seite oder, mein persönlicher Favorit, die Frage „ja aber Du? Warum? Du hast doch so viel zu bieten und siehst auch gut aus“. Was, liebe Fragende, erwartet ihr darauf für eine Antwort?
Manchmal hätte ich gute Lust, darauf mit einem Satz wie „Ich liebe meine Freiheit und meine Unabhängigkeit. Und die wenigen Männer, die ich bisher getroffen habe, bei denen ich glaube, dass ich dies nicht für eine Partnerschaft aufgeben müsste, hat das Leben nicht für mich vorgesehen. Und bevor ich mir dann irgendeinen Trottel ans Bein binde, nur um besser in Dein Weltbild zu passen, bleibe ich doch lieber Single und genieße meine Freiheit“. Nicht aus Frust oder als Notlösung, sondern weil ich es mir wert bin. Weil mir meine Freiheit und Unabhängigkeit wichtiger sind, wie eine Beziehung um jeden Preis. Aber, da frau ja wohlerzogen ist, zieht sie dann doch den Schal übers Gesicht und murmelt irgendetwas unverständliches.
Was blieb, war ein schales Gefühl, mich wieder einmal versteckt zu haben. Wieder einmal nicht zu mir, meinen Überzeugungen und meinem Weg, mein Leben zu leben zu stehen. Ich hängte quasi das rosa Kleidchen zurück in den Schrank.
Vielleicht kennst Du das Spielzeug für Kleinkinder, mit dem sie geometrische Figuren lernen, indem sie Holzklötze in Form von Kreisen, Quadraten, Dreiecken etc. in die passenden Löcher werfen.
ich fühlte mich wie ein Dreieck, dass man in die Kreisform pressen will. Einige Zeit habe ich versucht, mich anzupassen. Ich verkleidete mich quasi als Kreis, um im Außen nicht anzuecken. Ich versteckte mich und versuchte, den gesellschaftlichen Erwartungen, Normen und Regeln gerecht zu werden. Ich redete mir ein, dass es so leichter sei. Das Gefühl, mich selbst zu verraten, blieb jedoch und ich wurde innerlich immer wütender. Auf mich, weil ich nicht zu mir selbst stand und auf die Welt, die ein Dreieck zu einem Kreis machen wollte.
Und irgendwann nahm ich all meinen Mut zusammen und holte das rosa Kleidchen aus dem Schrank. Ich legte immer mehr die Verkleidung ab und zeigte mich, mit meinen Ecken und Kanten, aber auch mit meinen Fähigkeiten und Talenten. Ich begann, meinen eigenen Weg zu gehen. Mein Leben danach zu gestalten, was ich wollte. Unabhängig davon, was die Gesellschaft scheinbar erwartete.
Und von mal zu mal wurde ich mutiger. Ich merkte, wie viel besser das Leben sein kann, wenn man als stolzes Dreieck seinen Weg geht im Gegensatz zu einem unzufriedenen Kreis.
Ist der Weg einfach? Nein, natürlich nicht. Immer wieder treffe ich Menschen, die mich nicht verstehen. Die nicht nachvollziehen können, wie man bspw. als Single glücklich sein kann. Dass ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben mich mehr erfüllt, wie eine Partnerschaft um jeden Preis. Die mir dann erklären wollen, dass ein Dreieck den Sinn des Lebens und die Welt nicht verstehen würde.
Immer wieder falle auch ich auf die Nase auf meinem Weg, schlage mir die Knie blutig und würde am liebsten einfach liegen bleiben und meine Wunden lecken.
Und dann gibt es noch die kleinen Dämonen in meinem Kopf, die mir bis heute immer wieder zuflüstern, dass es doch so viel einfacher wäre, den anderen Weg zu gehen. Dass sich all die Anstrengung, man selbst zu sein, nicht lohnt. Dass man doch einfach auch den bequemen und komfortablen Weg gehen könnte.
Aber weißt Du was? Es lohnt sich! Das Leben bietet einem so viel, wenn man sich traut, sich zu zeigen. Zu sich zu stehen und seinen eigenen Weg zu gehen. Ich habe so unglaublich viele tolle Erfahrungen machen dürfen und unglaubliche Dinge erlebt (und bin mir sicher, dass da noch viele folgen werden), treffe spannenden, inspirierende und faszinierende Menschen, die mich dabei ermutigen, weiterzumachen. Und es fühlt sich einfach gut an, sich nicht mehr nach möglichen Erwartungen richten zu müssen.
Das spannende ist, je mehr ich mich zeige, desto mehr Menschen begegne ich, denen es ähnlich geht. Die zum Teil schon viel länger aufgehört haben, sich zu verstecken. Oder die durch mein Beispiel den Mut bekommen, aus ihrem Versteck zu treten und sich der Welt zu zeigen. Selbstbewusst und unabhängig. Und gerade deswegen dann erfolgreicher und glücklicher werden. Weil sie zu sich stehen und damit viel mehr bewegen können.
Sich zu verstecken kostet so viel Energie, die Du dann nicht mehr für andere Dinge zur Verfügung hast. Die Dir dann fehlt, um Dein eigenes, unabhängiges und fantastisches Leben aufzubauen.
Meiner Klientin habe ich geraten, dass sie all ihren Mut zusammennehmen soll und das rosa Kleid aus dem Schrank nehmen soll. Denn ich bin sicher, dass sie genau deswegen erfolgreich sein wird. Weil sie zu sich steht und damit einen Unterschied in der Welt macht. Weil sie Farbe in das Leben der anderen bringt, die nur von Grautönen umgeben sind. Und weil sie das vorlebt, was sie anderen vermitteln will: neue Wege zu gehen, Leichtigkeit im Berufsalltag zu bekommen und eine neue Form der Mitarbeiter- und Teamführung zu leben.
Und auch Dir möchte ich mitgeben, dass Du den Mut haben solltest, zu Dir zu stehen! Du wirst sehen, wenn Du aufhörst, Dich zu verstecken, wirst Du sehen, wie viel bunter die Welt eigentlich ist. Und Du wirst plötzlich Menschen treffen, die genauso wie Du selbstbewusst und stolz ihren eigenen Weg gehen. Auf der anderen Seite wirst dann auch Du für den ein oder anderen zum Vorbild, sich aus seinem Versteck zu wagen und zu sich zu stehen. Probiere es doch einfach mal aus. Was hast Du zu verlieren?