Lehrer und Mentoren

Neben dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess, den ich in einem früheren Beitrag beschrieben habe, habe ich noch eine zentrale Erkenntnis aus meiner Zeit des Musikschulunterrichts gewonnen. Nämlich dass ich, wenn ich in etwas wirklich gut werden will, die Hilfe von außen benötige. Das heißt, für eine wirkliche Veränderung oder Verbesserung brauche ich einen Lehrer oder Mentor, neudeutsch auch gerne als Coach betitelt. Und das gleich aus mehreren Gründen.

Erstens ist es unglaublich mühsam, sich all das Fachwissen, was ein Musiklehrer bspw. hat, selbst anzueignen. Klar kann ich im Selbststudium mir das meiste Wissen selbst aneignen. Das ist jedoch zeitraubend, da ich dann viele Bücher lesen muss und die allgemein gehaltenen Hinweise und Tipps für mich auf mein Leben zuschneiden muss. Ich spare somit eine Menge Zeit und Nerven, wenn ich mir jemanden suche, der das, was ich lernen will, schon gelernt hat und mir damit alles in gebündelter und zusammengefasster Form – angepasst an mich und mein Leben – weitergeben kann. Ich bekomme dann nur das vermittelt, was für mich relevant ist und muss nicht mühsam aus verschiedenen Quellen das zusammensuchen, was ich lernen will.
Zweitens habe ich den nötigen Druck, auch wirklich daran zu arbeiten. Ich hasse es, wenn ich vor anderen Menschen zugeben muss, dass ich etwas nicht kann oder etwas nicht gemacht habe, was mir aufgetragen wurde. Und das war in der Zeit, als ich noch regelmäßig Musikunterricht hatte, oft der einzige Grund, warum ich zwischen den Unterrichtsstunden wirklich geübt habe. Im nächsten Unterricht vor dem Lehrer zu stehen und das Stück, das ich hätte üben sollen, nicht zu können, war mir peinlich.

Damit war der Leidensdruck da, damit ich tatsächlich zumindest ein bisschen übe. Andersherum habe ich mich natürlich immer gefreut, wenn ich gesagt bekommen habe, dass ich mich wirklich verbessert hätte seit dem letzten Mal. Und drittens – und das ist aus meiner Sicht der Hauptgrund – ich habe dann jemanden, der mir den Weg in passende Teilstrecken unterteilt, der mich führt und mich sofort darauf hinweist, wenn ich etwas falsch angehe. Kleine Hinweise, dass man so wie man das Instrument hält, das und das nicht schaffen kann, oder dass man sich etwas falsch antrainiert hat, können einen Quantensprung im eigenen Fortschritt bedeuten. Ich selbst habe oft nicht gemerkt, wenn ich rein technisch etwas falsch angehen wollte. Da brauchte ich die Rückmeldung von außen, von jemandem, der das Instrument besser beherrscht als ich und mich eben auch sieht, wie ich dastehe und das Instrument halte.


Darüber hinaus bekomme ich automatisch die richtige Auswahl des nächsten Übungsstückes, das genau die Nuance zu schwer ist, dass man wieder etwas Neues lernt. Denn um besser zu werden reicht der Wille allein nicht aus, sondern es braucht ebenfalls einen konkreten Plan, wie man dies erreichen kann, eine Strategie, wie man vorgeht und immer wieder Etappenziele, um die Motivation zu behalten. Und diese Arbeit hat mein Musiklehrer geleistet. Er kannte mich, er kannte das Instrument und konnte dadurch ein auf mich individuell zugeschnittenes Lernprogramm erstellen, das mich forderte und mich weiterbrachte.


Ok, so weit so logisch. Jeder große Musiker oder Sportler hat einen Trainer, der ihn unterstützt. Und für fachliche Weiterbildung ist fast jeder bereit, sich eine entsprechende Fortbildung zu suchen und sich damit auch wieder einen Lehrer zu nehmen. Was ich jedoch selbst erlebt und immer wieder beobachtet habe ist, dass wir dann zögern, uns einen Mentor oder Trainer zu suchen, wenn es um uns selbst geht. Ich nehme mich hierbei nicht aus, ich habe selbst viele Jahre gedacht, dass ich das nicht brauche. Klar hatte ich immer Freunde, Bekannte und Arbeitskollegen die mich in meiner persönlichen Entwicklung mit ihren Rückmeldungen unterstützt haben. Und doch habe ich immer mehr desselben gemacht, bin immer wieder in die gleichen Fehler gelaufen und habe mich am Ende über mich selbst geärgert.
Irgendwann war ich an dem Punkt wo ich erkannt habe, dass ich ohne Hilfe von außen jetzt nicht weiterkomme und bin über meinen Schatten gesprungen. Und heute ärgere ich mich eher darüber, dass ich das nicht schon viel früher gemacht habe. Durch die Rückmeldungen und die Unterstützung eines Coaches habe ich innerhalb kürzester Zeit mich selbst so weiterentwickelt, dass ich noch heute verwundert dastehe und auf mich und mein Leben blicke. Im Gegensatz zu den doch eher wirkungslosen eigenen Vorsätzen, egal ob zu Neujahr oder unter dem Jahr hatte ich jetzt einen neutralen Blick, der mir immer wieder Rückmeldungen, Bestätigungen oder auch Hinweise auf nicht förderliches Verhalten und Denken gab. Es war eine Verbindlichkeit da die mich zwang, meine geplanten Schritte auch umzusetzen und es war vor allem eine auf mich angepasste Strategie da, ein Plan, wie ich diesen Weg gehen kann. Ich habe mich nicht mehr selbst über- oder unterfordert, sondern ich bekam passende Herausforderungen, die ich meistern konnte.


Man lernt kein Instrument, indem man nur ein Buch darüber liest. Sondern nur, indem man es in die Hand nimmt und übt. Schneller geht es, wenn man sich einen Mentor sucht, der einen bei diesem Prozess unterstützt. Der einem Tipps gibt, einen korrigiert und einen motiviert, wenn man kurz davor ist, einfach aufzugeben. Warum sind wir uns selbst das so oft nicht wert? Was hält dich davor zurück, dir die Unterstützung für ein besseres Leben zu suchen?

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